Den sexuellen Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche aufarbeiten und neue Massnahmen ergreifen

Die drei nationalen kirchlichen Institutionen der Schweiz – SBK, RKZ und KOVOS – haben 2021 gemeinsam entschieden, die Geschichte des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen und Erwachsenen durch katholische Kleriker, kirchliche Angestellte und Ordensangehörige in der Schweiz seit den 1950er Jahren von unabhängiger Seite wissenschaftlich erforschen zu lassen. Dazu haben sie der Universität Zürich den Auftrag für ein einjähriges Pilotprojekt (2022–2023) erteilt. Im Zentrum steht die Erforschung der Mechanismen und Strukturen, die sexuellen Missbrauch ermöglichten und die verhinderten, dass dieser aufgedeckt und geahndet wurde.

Ende Juni 2023 haben SBK, RKZ und KOVOS zudem entschieden, die unabhängige historische Erforschung in einem dreijährigen Folgeprojekt 2024–2026 zu vertiefen. Mittlerweile sind die Verträge für das Projekt im Rahmen von 1.5 Mio. Franken unterzeichnet. Damit will die Kirche ihre Verantwortung gegenüber den Betroffenen und der Gesellschaft wahrnehmen und ihre eigene Vergangenheit konsequent aufarbeiten. Zentrales Anliegen ist, den Missbrauch in den eigenen Reihen und dessen Ursachen noch entschiedener zu bekämpfen und weitere Opfer zu verhindern.

Das Scheitern anerkennen und durchbrechen
Der Schlussbericht des Pilotprojekts, der am 12. September 2023 veröffentlicht wurde, zeigt auf, dass sexueller Missbrauch und dessen Vertuschung auch in der katholischen Kirche Schweiz System hatte. Wichtige Grundzüge der katholischen Kirche haben sexuellen Missbrauch in diesem Ausmass überhaupt ermöglicht oder gar begünstigt. Gemeint sind «die spirituellen, sozialen und ökonomischen Machtkonstellationen […] die den Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche in der Schweiz seit 1950 prägten und ‘spezifisch katholisch’ sind». Dazu gehören beispielsweise klerikale Machtpositionen und spiritueller Missbrauch, das Priesterbild sowie die Ausbildungs- und Personalpolitik, die künftige Seelsorgende in der Vergangenheit nur ungenügend bis gar nicht auf ihre professionelle Eignung im Umgang mit Menschen geprüft hat. Ebenso ist damit eine Sexualmoral gemeint, die durch eine weitgehende Tabuisierung von Sexualität «verhinderte, dass über Missbräuche gesprochen wurde und diese sanktioniert wurden.» Auch die Haltung gegenüber Frauen, die nicht selten als Arbeitskräfte ausgenutzt wurden, bildete gerade in den von Ordensgemeinschaften geführten Heimen und Schulen eine Grundlage für Überforderung und Gewalt.

Viele Kirchliche Institutionen haben in den letzten 20 Jahren bereits verschiedene Schritte unternommen, um das Geschehene aufzuarbeiten und dem Risiko von sexuellen Übergriffen präventiv zu begegnen. SBK, RKZ und KOVOS haben neben der Fortführung der wissenschaftlichen Erforschung weitere Massnahmen beschlossen, um institutionelle Mängel auf nationaler Ebene anzugehen:

  1. Für Betroffene sowie Informantinnen und Informanten sollen schweizweit professionelle Angebote geschaffen werden, bei denen sie Missbräuche melden können.
  2. Künftige Priester, ständige Diakone, Mitglieder von Ordensgemeinschaften und Seelsorgende sollen im Rahmen ihrer Ausbildung standardisierte psychologische Abklärungen durchlaufen.
  3. Für die Führung von Personaldossiers und für die Weitergabe von relevanten Informationen über kirchliche Mitarbeitende werden Mindeststandards eingeführt.
  4. Die Mitglieder aller drei Auftraggeberinnen verpflichten sich, keine Akten mehr zu vernichten, die im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen stehen oder den Umgang damit dokumentieren.


Mehr zum Projekt: www.missbrauch-kath-info.ch

Präventionskurs «Nähe und Distanz» im Pastoralraum Bern Oberland

Im Beatussaal der Pfarrei Heiliggeist Interlaken fand am Mittwoch, 7. Februar 2024 der Kurs «Nähe und Distanz» für die hauptamtlichen, wie auch nebenamtlichen kirchlichen Mitarbeitenden statt. Mitarbeitende aus dem Pastoralraum Bern Oberland waren hier versammelt, um sich über dieses wichtige und aktuelle Thema zu informieren und untereinander auszutauschen. Eingeladen waren an diesem 7. Februar die Mitarbeitenden aus Interlaken, Frutigen und Meiringen. Derselbe Kurs wird am 6. März in Spiez für die Mitarbeitenden aus Spiez, Thun und Gstaad stattfinden. Referentin war Sieglinde Kliemen aus Bern. Sie ist die Präventionsbeauftragte des Bistums Basel und hat zum Thema «Nähe und Distanz» in verschiedenen Kursen mitgewirkt. 

Hintergrund dieses Kurses sind die bekannt gewordenen Missbrauchsfälle im kirchlichen Bereich. Daher hat sich die Schweizerische Bischofskonferenz dazu entschieden, dass in allen Bistümern der Schweiz geeignete Präventionsmassnahmen ergriffen werden müssen. Der Kurs «Nähe und Distanz» ist ein Bestandteil dieser Präventionsmassnahmen. Spannend war es, anhand von vielen Fragen und Beispielen, grundsätzliche Verhaltensmuster zu erkennen und zugleich zu überlegen, wie wir uns in diesen und vergleichbaren Situationen verhalten würden. Die Gelegenheit zur Diskussion und zum Gedankenaustausch wurde denn auch von den Kursteilnehmenden rege genutzt.
Thomas Frey, Pastoralraumleiter

Interessengemeinschaft für missbrauchsbetroffene Menschen im kirchlichen Umfeld
Flyer_IG MikU und Selbsthilfegruppe.pdf (1.71MB)
Interessengemeinschaft für missbrauchsbetroffene Menschen im kirchlichen Umfeld
Flyer_IG MikU und Selbsthilfegruppe.pdf (1.71MB)
Offener Brief von Bischof Felix Gmür
14.09.2023
Offener Brief des Bischofs.pdf (53.9KB)
Offener Brief von Bischof Felix Gmür
14.09.2023
Offener Brief des Bischofs.pdf (53.9KB)








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